Es gibt wohl kaum eine
Beziehung, in der es nicht ab und zu mal kracht. Ist immer alles nur Sonnenschein, stimmt oft etwas nicht. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
Harmonie und das Bild der heilen Familie werden dort wichtiger als die eigenen Wünsche. Wenn Verletzungen, Beklemmungen und Erwartungen stets unter den Teppich gekehrt werden, wird aus heruntergeschluckten Konflikten eine
Krise.
Dann gibt es Paare, für die Reibereien alltäglich sind. Da wird aus jeder Mücke ein Elefant. Dauer-
Streit scheint ihnen Spass zu machen.
Los geht es im Bad: Musst du das Wasser so lange laufen lassen? Beim Frühstück: Du kannst noch nicht mal harte Eier kochen! Feierabend: Ich habe keine
Lust, zu deinen bescheuerten Freunden zu gehen.
Gegenseitig werfen sie sich Worte an den Kopf - ein gewohntes Wortgefecht. Danach findet sich ein Kompromiss. Oder einer ist einsichtig oder sie akzeptieren die andere Meinung. Das macht ihr tägliches Leben zwar sehr anstrengend, aber es schweisst zusammen.
Nach jedem Streit vertragen sie sich wieder, meist landen sie im Bett.
Bis zum nächsten Morgen: Die Zahnpastatube war nicht zugeschraubt.
Foto: kurhan / Shutterstock.com Ein richtiger Streit will gelernt sein - Erfahrungen aus einer Ehe
Sie sind seit 20 Jahren verheiratet, seit 30 Jahren ein Paar. Als Team haben sie alle Höhen und Tiefen zusammen gemeistert. Seit Kurzem ist Peter Rentner - Vorruhestand, Corona bedingt. Bei Ute ist noch lange nicht Schluss. Sie ist selbstständig, sie liebt ihren Job und Energie hat sie für zwei.
Abends kommt Ute trotzdem erschöpft nach Hause. Peter begrüsst sie in Jogginghose und Flip-Flops. Im TV läuft Bares für Rares, das Wohnzimmer ist zugemüllt, auf dem Tisch stehen die Frühstückszutaten vom Morgen.
Da bist du ja, wie schön. Was gibt es denn zu essen?
Sie hat jetzt zwei Vollzeitjobs und ein Kind mit dem Namen Peter. Auf Peters To-do-Liste stehen Aufgaben. Auf seiner Vorschlagsliste Ideen, was man mit seiner neugewonnenen Freizeit anfangen kann - Bares für Rares ist nicht dabei.
Ute hat sich das Ganze zwei Monate angeschaut. Dann platzt es aus ihr heraus. Der ganze angestaute Frust in Form der ignorierten Listen, knallt sie erst auf den Tisch, dann ihm um die Ohren - also verbal.
Er geht in den Angriffsmodus, schreit noch lauter als sie. Hauptaussage: Er fühlt sich von ihr kommandiert und bevormundet. Ute wollte schon nachlegen - es gibt noch andere Streitpunkte aus der
Vergangenheit - da erinnert sie sich an ein Buch über Paare in der Krise.
Peter, ich gehe jetzt in den Wald, eine Runde laufen. Das heisst aber nicht, dass ich mit dem Thema fertig bin. Es heisst auch nicht, dass ich die Situation weiter akzeptiere. Wenn ich zurück bin, gehen wir in die zweite Runde. Ich hoffe, du kommst bis dahin runter und kannst deine Gedanken sortieren.
om Streit in Richtung Versöhnung - ein paar Experten-Tipps
1. Klare Ansagen machen
Zu Beginn muss erst einmal Klarheit geschaffen werden? Worauf basiert die Auseinandersetzung? Welches Thema taucht immer wieder auf? Und was soll letztendlich dem anderen gesagt werden?
Springen wir zurück zum Zähneputzen und Wasserverbrauch:
Was will sie ihm wirklich sagen?
Geht es um den Umgang mit Geld, um Verschwendung?
Oder liegt ihr die Umwelt am Herzen? Will sie ihn zur Rücksichtnahme anhalten?
Nur wenn das Anliegen eindeutig kommuniziert wird, kann es auf Fragen auch klare Antworten geben. Oder eine Ansage richtig interpretiert werden.
Was dem Ganzen nicht förderlich ist: Ja, ja, ich strenge mich an, morgen nehme ich einen Becher (klappt genau zwei Tagen). Schatz, da hast du völlig recht (er denkt: die mit ihrem Öko-Fimmel). Und was ist mit deinen Abschminktüchern? Die wachsen auch nicht auf den Bäumen (Ablenkungsmanöver).
2. Verschnaufen und runterkommen
Unkontrolliert kann es nicht nur laut, sondern Worte auch zu Waffen werden. Mit einem offenen Schlagabtausch drohen auch schnell die
Gefühle überzukochen. Damit man nicht später bitter bereut, was man gesagt oder getan hat, sollte man die Auseinandersetzung bewusst mit Ansage unterbrechen und eine Pause einlegen.
3. Danach aktiv werden
Geht es um mehr als Wasserverbrauch oder Zahnpastatuben, kann eine Auseinandersetzung sehr heftig werden. Es ist wichtig, ein Zeichen zu senden, dass die
Beziehung dadurch nicht bedroht ist. Das man weiter an dem wir festhalten will. Es gehört eine Menge Mut dazu, den ersten Schritt zu machen und eine
Versöhnung zu signalisieren. Denn für die Reaktion des Partners gibt es keine Garantie.
4. Vor dem Verzeihen steht das Versöhnen
Nach einem
Streit auf den Partner zuzugehen, sollte nicht mit einem Zeichen der Schwäche verwechselt werden. Denn es ist etwas sehr Wertvolles, ein Friedensangebot. Mit dem man dem anderen zeigen will, wie wichtig dieser Mensch für einen ist. Wenn man jemanden wertschätzt, macht man sich die Mühe, ihn zu verstehen, seinen Standpunkt zu akzeptieren. Nur so kann eine Lösung gefunden werden, mit der beide leben können. Was vorher war, ist dann verziehen und vergessen - Schwamm drüber. Versöhnung trägt so dazu bei, die Beziehung zu festigen. Sicherheit und Geborgenheit zu geben.
Ein Ritual zur Versöhnung
Eine Berührung sagt mehr als 1.000 Worte. Manche legen die Köpfe aneinander (Stirn an Stirn) und schauen sich tief in die Augen, andere haben ein Codewort für bestimmte Fälle, wieder andere nehmen sich einfach fest in den Arm. Dann gibt es Paare, die zusammen joggen oder ein spezielles Lied hören. Entscheidend ist, dass es zu beiden passt und absolut ehrlich ist.
Ein schönes Gefühl: Man kann sich streiten und dann wieder in den Armen liegen. Die Gewitterwolken sind verzogen. Die dicke Luft ist klar und rein. Eine
Zukunft voller Hoffnung und
Beziehung voller Erfüllung kann kommen.
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