Den alten Griechen verdanken wir den Namen für diese schadende, verstörende und zerstörende Persönlichkeit.
In Narziss, den schönsten Jäger weit und breit, verliebt sich die Nymphe Echo. Er aber weist ihre
Liebe arrogant zurück. Zur Strafe bleibt ihm nur sein eigenes, vollkommenes Spiegelbild im Fluss, in das er sich verliebt. Seine Sehnsucht nach Liebe wird jedoch nicht gestillt. Dann fällt er kopfüber ins Wasser und ertrinkt. An der Stelle am Flussufer erblühen Narzissen. Hochgiftig, wie man weiss.
Foto: Viorel Sima / Shutterstock.com Beziehung wie im Märchen
Alles läuft perfekt bei Stefanie. Neue Stelle in München, Hochzeit mit ihrem Traumprinzen, Einzug in die eigene Stadtwohnung. Maximilian ist ein Mann, zu dem alle aufschauen, der ihre Freunde beeindruckt und vor ihren Eltern glänzt.
Nach einem halben Jahr beginnt die Fassade zu bröckeln. Erst sind es einzelne perfide Spielchen, dann wird es immer, immer schlimmer. Sie versucht, es ihm recht zu machen, zu allem Ja und Amen zu sagen, auch wenn er Blödsinn redet und gemein ist.
Bloss nicht kritisieren, bloss nicht die eigene Meinung oder sogar einen Wunsch äussern.
Bananen sind blau, warum, weil ich es sage...
Typisch für dich, dass du es anders siehst...
Bist du farbenblind oder einfach nur dämlich?.
Passt du wieder in das kleine Schwarze rein? Wenn nicht, gehe ich ohne dich zur Party.
Warum ist mein Lieblingshemd nicht gebügelt? Du kriegst ja nichts mehr auf die Reihe.
Ergebnis: Stefanie fühlt sich schuldig. Ich bin es nicht wert, ich habe es nicht verdient, mit einem so unglaublichen Mann zusammen zu sein.
Je kleiner und je schuldiger sie sich fühlt, desto grösser, desto fantastischer fühlt er sich. Es bereitet ihm viel Freude, immer mehr Macht über seine Frau zu bekommen.
Erst als sie komplett am Boden liegt, völlig am Ende ist, verliert er das Interesse. Ziel versenkt. Während der Geschäftsreise kommt das Schreiben von seinem Scheidungsanwalt.
Perfekt in der Verführung – Totalausfall in der Beziehung
Ein Hauptgewinn: Smart, extrem gut aussehend, durchtrainiert, charmant, aufmerksam, unterhaltsam. Er hat Erfolg und Ansehen im Job. Er weiss, was er will und bekommt es auch. Freunde und Familie der Verführten sind hin und weg. Sie selbst schwebt in der
Beziehung erstmal auf Wolke Sieben.
Doch dann macht er sich rar, ist plötzlich sehr beschäftigt und meldet sich in immer grösseren Zeitabständen, Verabredungen platzen - Schuld daran ist auf jeden Fall - SIE. Wie es ihr damit geht, ist ihm völlig egal. Er geniesst die Eroberung, bleibt aber auf Distanz.
Empathie ist für ihn Psycho-Schnick-Schnack. Mitgefühl, gleich Machtverlust.
Eine längere
Beziehung besteht nur, weil er es geschafft hat, seine Partnerin auf links zu krempeln. Sie klein und gefügig zu machen. Aus einer emanzipierten Partnerin, die vor ihm fest im Leben stand, wird ein verschrecktes Huhn mit gebrochenen Flügeln. Und er fühlt sich immer grandioser, je mehr sie sich aufgibt.
Typischer Monolog: Das ist nie passiert, und wenn es passiert ist, war es nicht so dramatisch. Und wenn es das doch war, war es nicht meine Schuld, und wenn doch, meinte ich es nicht so. Und wenn doch, dann bist du schuld.
Im Mittelpunkt des Universums
Solange alles um ihn kreist, den hellsten Stern, zu dem jeder aufschaut, ist er zufrieden. Dass sich hinter seinem Glanz auch Fehler, Schwächen verstecken, alles nur Lug und Trug ist, darf keiner merken. Er muss unangreifbar sein. Dafür ist er zu vielem fähig und setzt seine ganze Energie ein.
Kommt dann doch aus einer Ecke massiver Widerspruch, Kritik oder Enttarnung, stellt er auf Rückzug-Modus. Was man von ihm nicht hören wird, ist eine ehrliche Entschuldigung. Einsicht? Fehlanzeige! Er merkt es gar nicht, wie er andere verletzt, was er alles kaputtmacht. Weil er der Tollste ist, kann es ja nur an den anderen liegen, die sind die Schuldigen.
Sein Ziel: sich super fühlen. Dafür wählen sie einen
Partner, der zielführend ist. Mit ihm an seiner Seite ist er etwas Besonderes. Durch ihn strahlt er nach aussen Macht, Erfolg, Stärke aus.
Eine mögliche Erklärung, warum sich ichbezogene Herren gerne mit Models schmücken. Je mehr Willenskraft oder Begabung der Erwählte hat, desto grösser ist die Herausforderung, sie herunterzuputzen.
Mit Lob und Komplimenten sollte der ideale Partner ihn anhimmeln, ihn auf einen Sockel heben. Seine Fehler unter den Teppich kehren, Beleidigungen und Erniedrigungen herunterschlucken.
Doch auch dieser steht schnell auf der Abschussliste. Narzissten haben höchst unrealistische Erwartungen an die
Beziehung. Kein Partner kann diese dauerhaft erfüllen, es ist nie genug und es ist nie richtig.
Der Narzisst ist eigentlich eine arme Socke
Der Narzisst ist glücklich, weil er sich selbst über alles liebt.
Selbstliebe, Selbstsucht, Selbstbewunderung, Selbstbeweihräucherung stehen für ihn. Das ist
Mythos, wie Spezialisten sagen.
Denn hinter seiner Maske zeigt sich, dass er auch sich selbst nicht lieben kann, dazu ist er gar nicht fähig. Am Ende steht ein einsamer, frustrierter Mensch, der ständig auf der Suche ist. Die Chance, dass er an sich arbeitet und sich ändert, ist minimal.
Wie wird man zu so einer Persönlichkeit? Der Grundstock liegt bei den Eltern, welche Erwartungen sie an ihn stellen, also übertriebenen Ehrgeiz und Erfolgsdruck, so die Pädagogen. Mit einer gesunden Balance - zwischen Nicht-Kümmern und Überbehüten - sei man auf einem guten Weg.
Übrigens: Narzisstische Frauen sind noch eine ganz andere Nummer, demnächst mehr dazu ...
© Zukunftsblick Ltd.
Rechtliche Hinweise