Sex, die schönste Nebensache der Welt. Vor allem in der Anfangszeit einer neuen
Beziehung ist es bei den meisten ganz sicher nicht nur eine Nebensache. Mit zunehmendem Bestehen der Partnerschaft kann der anfängliche Reiz durchaus etwas verblassen.
Die Alltagsroutine mit ihren Verpflichtungen und manchmal auch Sorgen, wirken nicht gerade förderlich auf die Lust. So ist das Sexleben mal mehr und mal weniger aktiv. Und das ist auch grundsätzlich in Ordnung, wenn beide Partner das gleiche Empfinden dafür haben.
Doch mal Hand aufs Herz: Geht es wirklich auch (fast) ohne?
Damit meinen wir nicht einen Zeitraum, wenn der Sex in einer Phase der Beziehung einschläft. Oder wenn man als Single mal eine Pause einlegt.
Sondern das Phänomen
Asexualität.
Was ist das genau?
Und ist das in einer sexualisierten Gesellschaft wie unserer überhaupt möglich zu leben?
Foto: Yuganov Konstantin / Shutterstock.com Rund um die Asexualität
Menschen, die
asexuell sind, verspüren keinerlei Verlangen nach sexueller Interaktion mit einem anderen Menschen. Es besteht keine sexuelle Anziehung, egal zu welchem Geschlecht. Und obwohl es kein aktives Sexleben gibt, fühlen diese Menschen keinerlei Leidensdruck. Körperliche Intimität wird als überflüssig empfunden.
Die schönste Nebensache der Welt ist also im wahrsten Sinne des Wortes eine Nebensache. Manche
asexuelle Menschen sehen
Sex als ganz nett an. Andere wiederum empfinden ihn einfach nur langweilig. Die Wichtigkeit von Sex, wie sie von der Gesellschaft als Stellenwert vorgelebt wird, scheint sich ihnen nicht zu erschliessen.
Asexualität steht vergleichbar für eine
sexuelle Orientierung wie Heterosexualität beispielsweise. Es wird auch davon ausgegangen, dass diese angeboren sein kann. Erste Anzeichen dazu können dann in der Pubertät auftreten.
Doch ebenso lassen sich Meinungen finden, dass
Asexualität irgendwann im Laufe des Lebens auftreten oder auch nur eine vorübergehende Phase sein kann. Veränderungen sind also durchaus im Laufe des Lebens möglich.
Körperliche oder seelische Probleme werden nicht als Ursache gesehen. Asexualität meint auch nicht Abneigung oder Ekel gegenüber Sex, Verklemmtheit, Missbrauchserfahrungen oder eine kurzfristige Laune. Ebenso steht sie nicht für eine bewusste Entscheidung gegen körperliche Intimitäten wie Keuschheit oder Enthaltsamkeit.
Grundsätzlich sei gesagt, dass asexuelle Menschen keinen Sex wollen und glücklich damit sind. Und auch völlig zufrieden mit sich selbst. Etwa ein Prozent der Menschen lebt vermutlich so.
Doch haben sie es nicht unbedingt immer leicht. Denn auch heute noch kämpft diese sexuelle Orientierung um Sichtbarkeit. Obgleich die Begrifflichkeit schon vor gut 20 Jahren auftauchte, ist Asexualität kaum umfassend wissenschaftlich erforscht.
So ist manchmal nicht nur der Weg der Selbstfindung schwierig. Auch mit dem Wissen um das eigene Sein werden viele asexuelle Menschen auch noch danach von Unsicherheiten begleitet.
Wie kann man lustlos lieben und leben?
Asexualität kann verschiedene Ausprägungen haben, womit sich auch die Lebenskonzepte asexueller Menschen voneinander unterscheiden können.
Es gibt Menschen, die keinen
Sex und keine Beziehung wollen, sie werden als Aromantiker bezeichnet. Dann gibt es noch die, die keine körperliche Intimität mit anderen wollen, aber ihre Lust mit sich selbst ausleben. Wieder andere haben gelegentlich Sex, jedoch ohne ein wirkliches Bedürfnis danach.
Asexualität ist nicht zwangsläufig mit dem Dasein als Single verbunden, sondern lässt sich auch in einer Partnerschaft finden. Denn
asexuelle Menschen können sich ebenso verlieben und auch eine emotionale Bindung zu einem Partner eingehen. Die körperliche Intimität ist von romantischen Gefühlen abgekoppelt. Kein Sexleben im herkömmlichen Sinn. Ist ein Partner nicht
asexuell, finden sie meist Wege, diesen Unterschied zu kompensieren. Viele Paare haben auch unregelmässig Sex miteinander.
Wie gestaltet sich Asexualität in der Realität?
Da
Asexualität ein bisher wenig erforschtes Phänomen ist, das zudem verschiedene Ausprägungen haben kann, tun sich viele Menschen schwer herauszufinden, dass sie
asexuell sind.
Doch auch, wenn sie erkannt haben, dass sie richtig sind, so wie sie sind, macht es das Leben nicht immer leichter. Es heisst, dass die Menschen offener geworden sind, wenn es um
sexuelle Orientierung, Vorlieben und Tabus geht. Leider ist zum Teil die hochgelobte Toleranz nur oberflächlich.
Was sich über die Zeit erkennen lässt, ist, dass zumeist Frauen öffentlich zu ihrer Asexualität stehen. Männer gehen dagegen defensiver mit diesem Thema um. Vielleicht auch darin begründet, dass die Gesellschaft auch heute noch das Bild der Männlichkeit hochhält.
Nicht immer erfahren
asexuelle Menschen Verständnis und Akzeptanz von ihrem Umfeld. Sie müssen sich für ihr Wohlfühlen rechtfertigen. Fühlen sich als Aussenseiter. Da für die meisten,
Sex etwas Selbstverständliches ist. Dass jemand keinerlei Verlangen empfindet, ist für viele unverständlich. Und so werden häufig körperliche oder seelische Probleme oder Ähnliches unterstellt. Asexuelle Menschen können so häufig auch Ablehnung und soziale Nachteile erfahren.
Wer sich zwar wohlfühlt, aber vielleicht mit Unsicherheiten zu kämpfen hat, der sollte sich jemanden suchen, mit dem er sich austauschen kann. Im Internet gibt es zudem einige Communitys und Foren, die auch Anonymität gewährleisten.
Es gibt viele Möglichkeiten, Gleichgesinnte zu finden. Die die persönlichen Vorstellungen und Vorlieben teilen.
Solange diese anderen Menschen nicht schaden, sollte jeder Mensch das Leben leben können, dass ihn glücklich macht und erfüllt.
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