Markus hörte die ganze Zeit gespannt zu. Hin und wieder trank er einen kleinen Schluck Wein, ohne
Dara dabei aus den Augen zu lassen. Er stellte keine einzige Frage und machte auch keine Bemerkung zu dem, was sie sagte, sondern liess sie einfach reden und hörte zu.
Dara hatte kein Gefühl dafür, wie lange sie Markus nun schon aus ihrem jetzigen Leben erzählte und dabei versuchte jede seiner zuvor gestellten Fragen zu beantworten. Sie hatte beim Erzählen irgendwie jegliches Zeitgefühl verloren.
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Dara hatte zwar mitbekommen, dass Markus zwischendurch noch mal Wein nachgeschenkt hatte, aber ansonsten hatte sie nichts wahrgenommen.
Sie brauchte ein paar Sekunden, um aus ihrem Redeschwall herauszukommen und wieder im Hier und Jetzt anzukommen.
Ich hoffe, ich hab Dich nicht allzu sehr gelangweilt mit
Hexe,
Gabe,
Kartenlegen und Co. Fragend schaute sie Markus an.
Dieser sass immer noch entspannt in der Ecke des Sofas, mit seinem Glas Wein in der Hand.
Ganz und gar nicht. Ich versuche gerade nur noch ein paar Dinge nachzuvollziehen, die Du gesagt hast, aber genau genommen, hast Du mir tatsächlich alle Fragen beantwortet ohne irgendwelche Umwege.
Oha! Dara konnte nicht umhin, dies für ein Kompliment zu halten. Vielen Dank. Ich habe einfach nur erzählt, ohne grossartig darüber nachzudenken. Vielleicht hat es deshalb so gut funktioniert.
Sie sah, wie Markus aufstand, seine Hände in die Hosentaschen schob und ein paar Schritte ging. Scheinbar hatte sie doch ein wenig länger geredet, als sie dachte. Sie nahm einen Schluck Wein, da sie das Gefühl hatte, dass ihr Mund völlig ausgetrocknet war. Wahrscheinlich hatte sie wirklich zu viel geredet.
Dann drehte sich Markus wieder in ihre Richtung, sah sie eine ganze Weile aus der Entfernung an und lehnte sich schliesslich mit dem Rücken an die Küchentheke.
Und was genau ist jetzt das Negative in Deinem Leben? Markus stiess sich wieder von der Theke ab und kam auf sie zu. Ausser, dass es um die Meinung Aussenstehender geht, konnte ich nichts Negatives in Deinem Leben entdecken. Du bist gut, in dem, was Du machst, und nicht nur, weil Du diese Gabe hast, sondern weil Du eigentlich liebst, was Du tust - nämlich Kartenlegen. Du möchtest anderen Menschen mit Deiner Gabe helfen, weisst aber nicht, wie Du das anstellen kannst. Du lebst in Deiner eigenen kleinen Welt, ohne jemals einen grossen Schritt gewagt zu haben. Warum versteckst Du Dich? Warum suchst Du Dir nicht eine neue kleine Welt, in der Du sein kannst, wie Du bist?
Dara schaute Markus entsetzt an. Hatte sie ihm wirklich gerade so ihr Leben erklärt? Irgendwie fühlte sie sich ein wenig unwohl, da sie sich nicht sicher war, dass beide von der gleichen Person sprachen, von ihr - Dara, der
Hexe. Sie war doch völlig anders, oder etwa doch nicht? War es nur sie selbst, die sich und ihre Gabe so abgedreht sah? ...
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